Behandlungsfehler – Wenn der Tierarzt pfuscht

OLG Brandenburg, Urteil vom 26.04.2012 – 12 U 166/10

Mit dem Urteil vom 26.04.2012 hatte das Oberlandesgericht Brandenburg entschieden, dass der Klägerin Schadensersatz in Höhe von 45.000,00 € aus der Vertragsverletzung in Form von groben Behandlungsfehlern an ihrem Reitpferd zusteht. Die Tierärzte der zunächst beauftragten Tierklinik hatten es im Rahmen von zwei Kolikoperationen unterlassen, das Pferd regelmäßig rektal zu untersuchen und dies zu dokumentieren.

 

Die Klägerin hatte ihr Pferd am 15.11.2005 aufgrund einer Kolik in die Tierklinik der beklagten Tierärzte gebracht, wo es dann aufgrund einer Darmverschlingung operativ behandelt wurde. Die Klägerin wirft den Beklagten vor, weitere rektale Untersuchungen in der Nacht und am Folgetag unterlassen zu haben und für den Tod des Pferdes, nach einer weiteren Operation in einer anderen Tierklinik, maßgeblich verantwortlich seien. Die Beklagten weisen die Klage zurück, mit der Begründung, dass sie alle notwendigen Untersuchungen vorgenommen hätten, ihnen bloß ein Dokumentationsfehler unterlaufen sei.

 

Das Oberlandesgericht Brandenburg hat klargestellt, dass den Beklagten eine Vertragsverletzung in Form von groben Behandlungsfehlern vorzuwerfen sei. Ein Sachverständiger hatte in seinem Gutachten erklärt, dass die Beobachtung des Pferdes und die Vornahme von Kontrolluntersuchungen erforderlich gewesen seien, und das insbesondere aufgrund des um 04.00 Uhr festgestellten und dokumentierten Reflexus von 3-4 Litern und das Fehlen jeglicher Darmtätigkeit, eine rektale Untersuchung zwingend erforderlich gewesen sei und im Notfall eine Operation hätte eingeleitet werden müssen.  Ferner hat er dargelegt, dass eine Dokumentation der Untersuchungen und Befunde aus medizinischen Gründen unabkömmlich sei und dass das Fehlen einer schriftlichen Niederlegung auf das Unterlassen einer entsprechenden Maßnahme hindeute. Das Gericht erklärte, dass ein Befunderhebungsfehler sodann zur Beweislastumkehr führt, wenn das Unterlassen der Befunderhebung selbst als grober Behandlungsfehler anzusehen ist.

 

Die Klägerin kann aufgrund des groben Fehlverhalten der Beklagten einen Schadensersatz in Höhe von 45.000,00 € verlangen. Dieser Wert setzt sich wie folgt zusammen: Ein Sachverständiger hatte in einem Gutachten den Wert des Pferdes, orientiert am Marktwerk, vor den Kolik-Operationen auf 65.000,00 € festgesetzt. Wegen den zwei Operationen wurde ein Abschlag von 20% vorgenommen, sodass sich der Wert des Pferdes auf 52.000,00 € verringerte. In diesem speziellen Falle hatte die Klägerin Ihre Ansprüche jedoch zunächst nur mit 45.000,00 € beziffert. Da zwischenzeitlich die Verjährung eingetreten war, konnte der Differenzbetrag von 7.000,00 € nicht mehr zugesprochen werden.