Achtung Unternehmerfallen! – Wenn die Mandantschaft Marketinggaunern auf den Leim geht

Wer in seinem eigenen kleinen Unternehmen tätig ist, hat sicher zumindest eine von ihnen schon kennengelernt. Mit geschickten Strategien entlocken die auf Firmenwerbung spezialisierten Unternehmen dem vielbeschäftigten Kunden die entscheidende Unterschrift. Meist mit fatalen Folgen, denn ehe er sich versieht, hat der Mandant in seiner Eigenschaft als Unternehmer einen teuren Knebelvertrag geschlossen.  Sogar für die anschließende anwaltliche Vertretung sind die findigen Anbieter bestens gewappnet. Die Abwehr solcher Marketinggauner gestaltet sich um einiges einfacher, wenn man sich einen kurzen Überblick über Strategie und Rechtsprechung verschafft hat. In einer dreiteiligen Reihe stellen wir klassische „Unternehmerfallen“ vor.


Teil 1 Euroweb

Die Düsseldorfer Euroweb Internet GmbH konzipiert und gestaltet Webauftritte im Rahmen sogenannter Internet-System-Verträge. Nach eigenen Angaben richtet sich das Angebot an mittelständische Unternehmen. Doch sind oft auch Klein- und Kleinstunternehmen betroffen. 2001 gegründet, hat der Internetdienstleister mittlerweile mehrere hundert Mitarbeiter und erstaunlicher Weise schon einige Auszeichnungen erhalten.


Strategie

Euroweb beschäftigt speziell geschulte Vertriebsmitarbeiter, die auf Provisionsbasis tätig sind. Diese kontaktieren den ausgewählten Unternehmer zunächst vorab telefonisch und versuchen, ihn zu einem Gesprächstermin im Geschäft zu überreden. Häufig wird bereits im Telefonat die „Referenzkundenmasche“ eingefädelt. Dem Unternehmer wird vorgespiegelt, er sei als einziger in der Branche ausgewählt worden. Dann im persönlichen Gespräch wertet der Vertriebsmitarbeiter die bisherigen Marketingaktionen deutlich ab und erklärt die Vorzüge einer Euroweb-Homepage. Zunächst wird suggeriert das Angebot sei für sogenannte „Partner“ komplett kostenlos Es sei lediglich erforderlich, den Kontakt zu 10 weiteren Neukunden zu vermitteln.

Am Ende des Gesprächs zückt der Vertriebsmitarbeiter meist das Vertragsformular und füllt es nach den Angaben des Unternehmers aus. Zu diesem Zeitpunkt kommt dann eine einmalige Anschlussgebühr zur Sprache.  Das Formular ist unübersichtlich ausgestaltet. Die entscheidenden Passagen sind kleingedruckt. Mit der Unterschrift stimmt der neue „Partner“ sodann gleich dem Lastschriftverfahren zu. Tatsächlich hat er zudem einer 4 jährigen Laufzeit zu einer monatlichen Gebühr von knapp 200,00 EUR zuzüglich der einmaligen Anschlussgebühr zugestimmt. Das mündlich zunächst zugesicherte Rücktrittsrecht ist in den AGB nicht verankert. Die Strategie ist klar darauf aufgebaut, dass es für das Anbahnungsgespräch keine Zeugen gibt.

Meist wird sich die Mandantschaft nach dem Verkaufsgespräch im Internet informieren und feststellen, dass sie einen nachteiligen Knebelvertrag unterzeichnet hat. Möchte sie sodann von ihrem vermeintlichen Rücktrittsrecht Gebrauch machen, wird Euroweb ein solches entschieden zurückgewiesen.

Auch gegen den Vorwurf einer arglistigen Täuschung wird man sich wehren. Auf die hilfsweise Kündigung des als Werkvertrages zu klassifizierenden Vertrages reagiert Euroweb regelmäßig mit einer  hohrenden Rechnung, in der die Gebühren für die gesamte Vertragslaufzeit in Rechnung gestellt werden. Im beigefügten Anschreiben wird damit argumentiert, dass es durch die Kündigung des Werkvertrages keine Einsparungen gegeben hätte, die anzurechnen seien.

Dem anwaltlich vertretenen Mandanten wird dann im weiteren Verlauf regelmäßig angeboten, sich außergerichtlich vergleichsweise zu einigen.


Rechtsprechung

Der BGH klassifiziert den Internet-Systemvertrag als Werkvertrag BGH II ZR 79/09.

Der BGH stellt klar, dass auch ein Internet-Systemvertrag als Werkvertrag uneingeschränkt der Regelung des § 649 BGB unterfällt (BGH, Urteil vom 24.03.2011, Az.: VII ZR 111/10, vgl. auch BGH VII ZR 133/10; BGH VII ZR 134/10; BGH VII ZR 135/10; BGH VII ZR 146/10;  BGH VII ZR 164/10). Zahlreiche Revisionen wurden von der Euroweb-Internet GmbH zurückgenommen. Zur arglistigen Täuschung gibt daher bisher keine höchstrichterliche Stellungnahme.

Das Landgericht Düsseldorf versagt Euroweb mit einer einstweiligen Verfügung die Referenzkundenmasche (LG Düsseldorf, Beschluss vom, Az. 34 O 67/14).

Dem Landgericht Kiel reichte zum Nachweis der arglistigen Täuschung die glaubhafte Darstellung eines betroffenen Imbissbetreibers. Die Klage der Euroweb-Internet GmbH wurde vollumfänglich abgewiesen (LG Kiel, Urteil vom 13.12.2011, Az: 2 O 135/11).

Zahlreiche Klagen (auch der Euroweb-Tochter Webstyle GmbH) wurden zu 95% abgewiesen, da die umfangreichen Schlussrechnungen als unschlüssig angesehen wurden (z.B. LG Berlin, Urteil vom 22.04.2014, Az.: 27 O 843/12; OLG Düsseldorf, Hinweisbeschluss vom 16.04.2013, Az.: I-5 U 164/12).